SOMMERHITZE 2

(Eine Kurzgeschichte in 2Teilen)

 

Teil 2 (Auszug)

 

Sengende Hitze umgibt mich schlagartig, strömt beißend in meine Lungen. Gleißendes Licht blendet mich, als ich die Gangway auf dem Flughafen in Jerez heruntersteige. Der vom Meer herüberwehende Wind bringt keine Abkühlung, sondern fühlt sich so an, als wenn jemand mit einem riesengroßen Fön feuchte Luft in mein Gesicht pustet. Ein Fön, der nach Sherry duftet. Süß und schwer. Kleine Schweißtröpfchen bilden sich auf meiner Stirn. Eilig folge ich den anderen Fluggästen in den klimatisierten Bus, der uns zum Terminal bringt.

Kaum sechs Stunden ist es her, dass ich in Renés Bett aufgewacht bin. Allein. Auf dem Tisch in der Küche ein Brief von ihm:

 

Guten Morgen, Süße,

wenn du das hier liest, bin ich schon fast in Jerez, der Stadt des Sherrys.
Sei nicht böse, dass ich mich nicht von dir verabschiedet habe, aber ich habe es nicht übers Herz gebracht, dich zu wecken.
Im Backofen sind Brötchen für dich, lass es dir schmecken.
Meinen Schlüssel kannst du in den Briefkasten werfen.
Ruf mich heute Abend im Palacio de los Moros an. Die Nummer kriegst du bestimmt heraus.
Vermisse dich schon jetzt.
1000 Küsse

René

 

Ich schmunzle in mich hinein. Natürlich habe ich die Nummer des Hotels herausbekommen. Nur werde ich ihn nicht anrufen. Stattdessen habe ich den nächsten Flug gebucht und bin nun hier, auf dem Weg in sein Hotel, um ihn höchstpersönlich zu begrüßen. Schon bei der Vorstellung, ihm heute Abend wieder gegenüberzustehen, ihn zu berühren, seine Hände, Lippen auf mir zu fühlen, macht sich ein leichtes Ziehen in meinem Unterbauch bemerkbar, das sich wellenartig durch meinen Körper fortpflanzt und meine Brustspitzen erschauern lässt.

Ich durchschreite die Ankunftshalle des Flughafens und schalte mein Handy ein, wähle die Nummer des Hotels. Nach dem dritten Klingeln meldet sich eine männliche Stimme. Ich gebe vor, meinen Mann sprechen zu wollen und erkundige mich nach Señor Neuberg. Nur wenige Augenblicke später höre ich den netten Herrn wieder antworten: Mein Mann sei leider nicht anwesend. Ich muss aufpassen, dass ich nicht anfange zu lachen. Natürlich ist er nicht anwesend. Er hat ja geschäftlich zu tun und kommt erst heute Abend ins Hotel. Also frage ich nach Renés Zimmernummer unter dem Vorwand, ihn später direkt anrufen zu wollen. Ohne zu zögern bekomme ich die gewünschte Auskunft: Zimmer 308. Phantastisch! Ich bedanke mich überschwänglich bei dem Portier und mache mich mit einem Taxi auf den Weg ins Hotel.

Als ich dem Taxifahrer das Geld in die Hand drücke, wird mir etwas flau im Magen. Ich bin nervös. Hoffentlich fällt niemandem auf, dass ich kein Gast des Hotels bin. Beherzt schlucke ich meine Aufregung runter und durchquere die Lobby so lässig wie möglich. Das Handgepäck habe ich schon am Flughafen in zwei Einkaufstüten verteilt und hoffe so den Eindruck einer Touristin zu erwecken, die auf Shoppingtour war. Ich steuere auf den Fahrstuhl zu, lasse mich in die dritte Etage fahren und suche Renés Zimmer.

Ich habe zwar keinen Schlüssel, aber dafür habe ich Glück: Vor Nummer 308 steht ein Putzwagen. Offenbar wird das Zimmer noch hergerichtet. Ich klopfe sachte an die angelehnte Tür. Das Zimmermädchen kommt aus dem Bad, stutzt kurz und überschüttet mich gleich darauf mit einer Flut aus spanischen Worten und Gesten. Ich versuche, ihr mit Handzeichen klar zu machen, dass ich es nicht eilig habe, und warte ungeduldig auf dem Flur, denn ich habe es sehr wohl eilig. Die Minuten ziehen sich wie ausgelutschter Kaugummi. Ich versuche meine steigende Nervosität zu überspielen, indem ich mit meinem Handy hantiere.

Als das Zimmermädchen fertig ist, schenkt sie mir ein Lächeln – und ich ihr ein großzügiges Trinkgeld. Dann fällt die Tür hinter mir ins Schloss. Ich habe es geschafft. Ich öffne Vorhänge und Fenster und genieße den Blick auf den gefliesten Innenhof, der mit Arkaden aus maurisch anmutenden Säulen gesäumt ist. In der Mitte steht ein Springbrunnen, über dessen Rand murmelnd das Wasser rinnt, bevor es in einem Bassin aufgefangen wird und einen glitzernden See bildet.

Das Zimmer ist geschmackvoll eingerichtet. Ein großzügiges Doppelbett mit durchgehender Matratze dominiert den Raum. Ich freue mich schon darauf, es auszuprobieren. Außerdem gibt es einen Flachbildfernseher an der Wand, zwei Sessel und einen kleinen Cocktailtisch sowie einen Miniaturschreibtisch mit einem grazilen Holzstuhl davor.

Das Badezimmer sieht so einladend aus, dass ich nicht widerstehen kann. Ruckzuck habe ich mich ausgezogen und genieße den erfrischenden Schauer, als das Wasser über meinen Körper rieselt. Ich trockne mich gründlich ab und beschließe, eine kleine Siesta zu machen. Bis René kommt, dauert es sicher noch eine Weile. Also schließe ich die Läden, lasse die Fenster aber geöffnet. Die Sonnenstrahlen dringen durch die schmalen Ritzen und malen ein weiß leuchtendes Streifenmuster auf die glatten Bezüge. Ich schlüpfe zwischen die frischen Laken und sofort verwandeln sich die regelmäßigen Streifen in sanfte Wellen, die mich umhüllen wie ein feiner Kokon aus Sonnenlicht. Das liebliche Murmeln des Wassers entspannt mich. Ich versinke in den Kissen, bin losgelöst, schließe die Augen und träume von Renés Rückkehr.

In meiner Vorstellung steht René unter der Dusche, seift sich ein. Der Schaum läuft über seine glatte Brust, fließt geschmeidig über seine Rippen, die sich gut sichtbar unter der leicht gebräunten Haut abzeichnen. Er greift noch einmal nach dem Duschgel, schäumt erst die untere Bauchpartie ein, dann die Leistensichel und gleitet tiefer an seine Männlichkeit. Mit zärtlicher Hingabe fährt die seifige Hand über sein Glied, lässt die Eichel zwischen dem weißen Schaum in gleichmäßigen Abständen aufblitzen. Vor. Zurück. Vor. Zurück … Bis das Wasser auch das letzte bisschen Seifenschaum weggespült hat.

Und dann – nachdem er sich trockengerubbelt hat – kriecht er zu mir unter die Decke. Seine Hand streichelt zärtlich über meine Hüften und über meinen Bauch. Er haucht mir einen Kuss zwischen die Schulterblätter. Seine Lenden pressen sich an meinen Po. Ich fühle seine Erregung, lächle. Es ist, als ob er nie fort war und wir dort weitermachen, wo wir letzte Nacht aufgehört haben.